Für Hollywood spielte er oft harte Kerle. In Erinnerung bleibt Kirk Douglas aber als Spartacus, Kämpfer für Gerechtigkeit. Jetzt ist er im Alter von 103 Jahren gestorben.
Von Claudia Lenssen
Kirk Douglas, der muskulöse Blonde mit dem Kinngrübchen, stellte in rund neunzig Abenteuerfilmen, Thrillern und Western den Inbegriff des tough guy dar. Am Ende milde und weltweise, war Douglas eine der langlebigsten Ikonen Hollywoods, ein zupackender Körperdarsteller, dessen berühmtesten Leinwandcharaktere mit einem explosiv zynischen Temperament zu kämpfen hatten, ohne je an Vielschichtigkeit zu verlieren. Nun ist er im Alter von 103 Jahren verstorben.
Zorn, schrieb Kirk Douglas in einer Autobiografie, sei das beherrschende Gefühl seiner Kindheit gewesen. Zornig waren auch die widersprüchlichen Typen, die er verkörperte, egal ob er als kaltschnäuziger Reporter des Satans in Billy Wilders gleichnamigem Film einen verunglückten Mann opferte, um selbst wieder ins Geschäft mit Sensationsnachrichten zu kommen, oder ob er als guter Moralist in Stanley Kubricks Antikriegsfilm Wege zum Ruhm die Soldatenschinderei eines vorgesetzten Generals vor Gericht entlarvte.
Der Ruhm eines Filmstars war für Kirk Douglas nicht abzusehen. Das Kino spielte in seiner Jugend kaum eine Rolle. 1916 als Issur Danielovitch Demsky in der kleinen Industriestadt Amsterdam im Staat New York geboren, musste der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Vater Herschel war ein Lumpensammler, der sich seinen Kindern entzog und aus Enttäuschung über sein Leben in der neuen Welt zum Trinker wurde. Die gläubige Mutter Bryna zog sechs Töchter und ihren einzigen Sohn unter großen Entbehrungen auf, doch umgeben von den vielen Frauen seiner Familie vermisste der Junge den Vater. Die Frage, wie sich ein "richtiger" Mann verhalte, wurde ein Leitmotiv in Kirk Douglas’ Filmen.
Mit Fäusten durchgeschlagen
Die analphabetischen Eltern sahen in einer guten Schulbildung die einzige Chance für ihre Kinder. Doch die Demskys hatten es angesichts des weit verbreiteten Antisemitismus schwer. Den Zugang zur Schule und zur Synagoge musste sich Issur bei den Straßengangs oft genug mit Fäusten erkämpfen. Ein Universitätsstipendium verdiente er sich durch Siege in der Ringerstaffel seines Colleges, das Schauspielstudium in New York durch Kellner- und Hausmeisterjobs. Als die Lehrer das Talent des Außenseiters auseinanderzunehmen versuchten, legte er sich ein trotziges Credo zurecht: "Ein Schauspieler ist jemand, der mit Zurückweisung leben kann."
Im zweiten Weltkrieg diente Kirk Douglas bei der Navy, bis er am Ende, kuriert von jeglichem Militarismus, endlich an den Beruf denken konnte. Seine kantige Ausstrahlung machte ihn für die Regisseure des Film Noir interessant. Der Debütant wechselte 1946 nach Hollywood, nachdem seine Kommilitonin Lauren Bacall ihn einem Produzenten empfohlen hatte. Mit abgebrühter Härte machte Douglas schnell auf sich aufmerksam.
In The strange love of Martha Ivers – Die seltsame Liebe der Martha Ivers spielte er den hintergangenen Gatten von Barbara Stanwyck, einen desillusionierten Alkoholiker, der allem ein Ende setzt. In Out of the past– Goldenes Gift setzte er als Gangsterboss und betrogener Betrüger den stoischen Robert Mitchum unter Druck. Champion – Zwischen Frauen und Seilen, die Geschichte eines rücksichtslosen Aufsteigers im Boxer-Milieu, trug ihm 1949 die erste Oscarnominierung ein. Es folgten zwei weitere.
Kirk Douglas' große Zeit brach an. In William Wylers Detective Story – Polizeirevier 21 spielte er einen hartgesottenen Polizisten, dessen schwarz-weiße Weltsicht zerbrach, in Vincente Minellis The Bad and the Beautiful – Die große Illusion einen skrupellosen Filmtycoon.
Produzieren bedeutet Mitreden
Er wurde ein Western-Star, brillierte in aufwändigen Monumentalfilmen und gewann als Produzent Mitspracherechte wie kaum ein Hollywoodschauspieler zuvor. In Howard Hawks' The Big Sky – Der weite Himmel spielte Douglas einen Trapper, der mit seinem Freund um die Liebe einer Indigenen rivalisierte, und auch der von ihm produzierte Western The Indian Fighter ließ sich auf das Tabuthema grenzüberschreitende Beziehung ein. Gunfight at the O. K. Corral – Zwei rechnen ab, einer von sieben gemeinsamen Filmen mit Burt Lancaster, zog Parallelen zum Showgeschäft. Das mythische Duell zwischen Doc Holliday und Wyatt Earp erschien am Ende als abgekartetes Wettgeschäft, als Abgesang auf eine Welt, in der für die Freundschaft harter Männer kein Platz mehr war.
Kirk Douglas verkörperte Odysseus, den Wikingerfürst Einar, Van Gogh und Ned Land, den widerspenstigen Seemann in der spektakulären Walt-Disney-Produktion 20.000 Meilen unter dem Meer. In dem Episodenfilm The Story of Three Loves – War es die große Liebe? ging er als Trapezkünstler, der sich in die junge, suizidgefährdete Nina, gespielt von Pier Angeli verliebte, in die Luft.