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Sein bestimmender Wesenszug war die Rastlosigkeit, im Kino ebenso wie abseits der Leinwand: So eindringlich und energisch wie in seinen Filmen trat Kirk Douglas auch im Leben auf. Mit Charisma, Durchsetzungskraft und rigidem Arbeitsethos wurde der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer aus ärmsten Verhältnissen zum Weltstar. Oft schien seine legendäre Intensität als Schauspieler dabei von seinem unmittelbaren Wissen um Entbehrungen gespeist - und vom Willen, das Schicksal mit aller notwendigen Härte selbst zu gestalten.
Viele seiner einprägsamsten Figuren ließ Douglas an ihrem eigenen Anspruch zerbrechen. So waren es vor allem zerrissene, getriebene Charaktere wie Vincent Van Gogh in Vincente Minnellis "Lust for Life" (1956), mit denen der Schauspieler Filmgeschichte schrieb. Ganz gleich ob in der Großstadt oder der Gladiatorenarena, Douglas schuf Kinohelden voll gefährlich lodernder Leidenschaft, gleichsam sinnlich wie stählern, rücksichtslos gegen sich selbst und andere.
— The Academy (@TheAcademy) February 5, 2020“I wanted to be an actor ever since I was a kid in the second grade. I did a play, and my mother made a black apron, and I played a shoemaker. After the performance, [my father] gave me my first Oscar: an ice cream cone.” -Kirk Douglas
Goodbye to a Hollywood legend. pic.twitter.com/vnu1Hkb2FA
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Befeuert von eben dieser lust for life, der Gier nach Leben, brachte er es in sechs Jahrzehnten auf über neunzig Filme. Hinzu kamen zehn Bücher, darunter die 1988 erschienene Autobiographie "The Ragman's Son". Offenherzig schilderte der am 9. Dezember 1916 als Yssur Danielowitsch in Amsterdam, New York, geborene "Sohn des Lumpensammlers" darin seine karge Kindheit. Als einziger Junge unter sechs Schwestern musste er früh für das Überleben der Familie arbeiten, doch trotz denkbar ungünstiger Voraussetzungen konnte er die mühseligen Straßenjobs hinter sich lassen und schaffte es dank eines Sportstipendiums auf die St. Lawrence-Universität.
Fotostrecke
Kirk Douglas - ein Leben in Bildern
Foto: ASSOCIATED PRESS
Bis zu seinem erfolgreichen Abschluss im Jahr 1939 studierte er dort unter anderem Philosophie, englische Literatur und Germanistik. Mit derselben Entschlossenheit, die ihn soziale und wirtschaftliche Hürden überwinden ließ, realisierte er dann seinen Traum, Schauspieler zu werden: Douglas wurde an der Academy of the Arts in New York angenommen. Es war seine Kommilitonin Betty Perske, die ihn für erste Broadway-Rollen empfahl. Aus Betty wurde in Hollywood die betörende Lauren Bacall, und als Douglas seinen Kriegsdienst bei der US-Navy absolviert hatte, verhalf sie ihm 1946 auch zum ersten Filmauftritt: In Lewis Milestones Noir-Melodram "The Strange Love of Martha Ivers" brillierte der Debütant als alkoholkranker Ehemann an der Seite von Barbara Stanwyck.
Es war der Beginn einer äußerst rasanten Karriere. Bereits 1949 bekam Douglas die erste Oscar-Nominierung für seine Darstellung eines Boxers in "Champion" ("Zwischen Frauen und Seilen"). Seine außerordentliche physische Präsenz, perfektioniert in den Jahren als semi-professioneller Ringkämpfer, dazu sein alles durchdringender Blick und die markanten Gesichtszüge mit dem berühmten Kinn - all das machte ihn unverwechselbar. Zudem scheute er keine Herausforderung: Schon 1952 befreite er sich aus den damals noch üblichen Standardverträgen des Studiosystems und zementierte seine Unabhängigkeit mit der Gründung der eigenen Produktionsfirma Bryna, benannt nach seiner Mutter.
Auch privat ging Douglas neue Wege: Die Ehe mit seiner ersten Frau Diana Dill, Mutter der Söhne Michael und Joel, wurde 1950 geschieden. 1954 heiratete er Anne Buydens; die Beziehung sollte über Jahrzehnte auch die größten Krisen und privaten Tragödien überstehen.
Sensationsjournalist, eiskalter Produzent, selbst verzehrender Maler
Die Fünfzigerjahre waren zudem die Dekade, in der Kirk Douglas ein aus heutiger Sicht schlicht unglaubliches Rollenspektrum ausfüllen konnte. Er schockierte als skrupelloser Sensationsjournalist in Billy Wilders "Ace in the Hole" ("Reporter des Satans") und gab einen eiskalten Produzenten in Minnellis Hollywood-Sittengemälde "The Bad and the Beautiful" ("Die Stadt der Illusionen"). Das brachte ihm eine weitere Oscar-Nominierung, die nächste kam mit Minnellis "Lust for Life" (1956). Doch selbst für sein selbst verzehrendes Porträt Van Goghs wurde Douglas wider Erwarten nicht ausgezeichnet, erst 1996 sollte er einen arg verspäteten Ehrenoscar für sein Lebenswerk erhalten.
Die Enttäuschung bremste jedoch keineswegs seinen Lauf als Darsteller. Als Star in Publiku*msspektakeln wie "20,000 Leagues Under The Sea" (1954) und "The Vikings" (1958) war Douglas dabei ebenso präsent wie in der letzten, goldenen Phase des alten Westerns. 1957 spielte er an der Seite seines lebenslangen Freundes und Leinwandpartners Burt Lancaster im Klassiker "Gunfight at the O. K. Corral". Die Rollenverteilung war paradigmatisch: Hier Lancasters aufrechter Held Wyatt Earp, der mit breiter Brust für Recht sorgen will. Dort Douglas als sein ungleicher Kompagnon Doc Holiday: moribund, zynisch und gefährlich, doch loyal bis zur Selbstaufgabe.
The man, the legend. The life! RIP #KirkDouglas pic.twitter.com/sIrhG8xTgr
— Luke Evans (@TheRealLukevans) February 6, 2020
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Im selben Jahr spielte er in Stanley Kubricks "Paths of Glory" ("Wege zum Ruhm") einen französischen Offizier, der im Ersten Weltkrieg mit der Unmenschlichkeit der Militärjustiz konfrontiert wird. Heute als Meisterwerk gefeiert, war der schonungslose Antikriegsfilm damals ein von etlichen Obrigkeiten angefeindetes Karrierewagnis für Douglas, der sich hier auch als Produzent engagierte. Unbeirrt würde er nur wenige Jahre später Kubrick als Regisseur für "Spartacus" (1960) durchsetzen und selbst als Titelheld den Anführer des Sklavenaufstands zur zeitlosen Kinoikone machen. Douglas trug auch dafür Sorge, dass der im Zuge der Kommunistenhatz auf die "Schwarze Liste" gesetzte Autor Dalton Trumbo offiziell im Abspann des Films genannt wurde.
1962 arbeitete Douglas als Produzent und Hauptdarsteller erneut mit Trumbo: Im melancholischen Spätwestern "Lonely Are The Brave" ("Einsam sind die Tapferen") spielt Kirk Douglas einen von der Moderne eingeholten Cowboy, der letztlich im Widerstand gegen die zivilisatorische Einzäunung zugrunde geht. Zweifellos einer seiner persönlichsten und bewegendsten Filme, mit dem sich Douglas eigentlich für die aufkommenden Außenseiterepen des New Hollywood empfahl.
Doch die neue Filmemachergeneration und der selbstbewusste Star kamen nicht zusammen, und Douglas war in den kommenden Jahren vorwiegend in wenig ambitionierten Großproduktionen zu sehen. Symptomatisch der Umstand, dass er die Rechte an "Einer flog über das Kuckucksnest" an seinen Sohn Michael weitergab. Der produzierte den Film, besetzte die Hauptrolle jedoch nicht mit seinem Vater - der zuvor in der Bühnenfassung reüssiert hatte, sondern mit dem jungen, explosiven Talent Jack Nicholson. Beim folgenden Preisregen ging Douglas Senior entsprechend leer aus.
Silbergraue Eminenz einer vergangenen Ära
Spätestens Ende der Achtzigerjahre wurde Kirk Douglas so zur silbergrauen Eminenz einer vergangenen Ära. Als Leinwandlegende im Teilruhestand widmete er sich seiner kenntnisreich zusammengetragenen Kunstsammlung, engagierte sich für gemeinnützige Zwecke und genoss das wiederentdeckte Familienleben. Er musste über die Jahre etliche Schicksalsschläge überwinden: einen fatalen Hubschrauberabsturz, den ersten, schweren Schlaganfall Mitte der Neunzigerjahre und den Tod seines Sohnes Eric Anthony im Jahr 2004.
Für die Welt, die er mit seinem ungebrochenen Elan begeisterte, war Kirk Douglas der letzte Überlebende aus Hollywoods goldenem Zeitalter. Ein Kämpfer, der seinem übervollen Leben viele Jahre abtrotzen konnte.
"Ich hätte nie gedacht, dass ich 100 Jahre alt werden würde", sagte er 2017 dem "Guardian" in einem letzten großen Porträt, "das hat mich schockiert. Und es ist auch traurig", fügte er hinzu. Nun ist Kirk Douglas im Alter von 103 Jahren gestorben. Es wird einsam ohne ihn, den Tapferen.